Stress-Index unterstützt ungesundes Arbeitsethos Jede*r dritte Lohnabhängige in der Schweiz ist emotional erschöpft

Politik

Lohnabhängige in der Schweiz kommen an Ihre Grenzen: Zum ersten Mal seit 2014 gibt ein Drittel aller Arbeitnehmenden an, sich emotional erschöpft zu fühlen.

Stress am Arbeitsplatz.
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Stress am Arbeitsplatz. Foto: CIPHR Connect (CC BY 2.0 cropped)

12. September 2022
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Dies ergab eine Umfrage der Gesundheitsförderung Schweiz – Welche jedoch aus der eigenen Befragung falsche Schlüsse zieht.

Auf den ersten Blick scheint der Job-Stress-Index der Schweizer Gesundheitsförderung optimistisch: Die arbeitsbezogene Belastung von Arbeitnehmenden, sowie die durch Stress ausgelösten gesellschaftlichen Kosten sind seit 2020 gesunken. Auch wenn die Verbesserung der Lage an sich nicht wirklich signifikant ist (eine statistische Verbesserung im Rahmen von einigen wenigen Prozenten), scheint der Druck auf die Schweizer Lohnabhängigen nach der Corona-Krise wieder etwas abzuflauen. Doch der Index beinhaltet auch ein besorgniserregendes Detail: Fast ein Drittel aller Arbeitnehmenden in der Schweiz fühlt sich emotional erschöpft.

Gespielte Überraschung über längst bekannte Sachverhalte

Genau um dieses Drittel gab es diesen Mittwoch in den Medien einen grossen Tumult. Zeilen wie «Emotionale Erschöpfung bei der Arbeit steigt weiter an, das Stress-Level bleibt hoch» und «So erleben sie (Die Arbeitnehmenden) mehr Zeitdruck oder auch mehr Konflikte» prägen die Berichterstattung. Dass dieser Sachverhalt schon seit Jahren den tagtäglichen Alltag der meisten Lohnabhängigen in der Schweiz darstellt, scheint journalistisch nicht hinterfragt zu werden. Als selbstorganisierte Gewerkschaft sieht sich die Freie Arbeiter*innen Union FAU ständig mit Stress und Konflikten an den Arbeitsplätzen konfrontiert. Die Intensität dieser Belastungen nimmt zu, je jünger, weiblicher und migrantischer das betroffene Mitglied ist. Innerhalb der Gewerkschaft können wir uns gegenseitig stärken und gemeinsam gegen den Druck ankämpfen – Unsere Solidarität gilt jedoch allen Lohnabhängigen.

Stress-Index unterstützt ungesundes Arbeitsethos

Im Fazit kommt die Gesundheitsförderung Schweiz zum Schluss, dass die Schweiz nach wie vor ein Land mit «hoher Stressbelastung für Arbeitnehmende ist», diese Belastung aber in den letzten Jahren «stabil bleibt, dh. sich nicht signifikant verändert hat». Da diese Zustände gesundheitsschädlich sind schlägt der Direktor der Gesundheitsförderung Schweiz Thomas Mattig gegenüber 20min vor «Belastungen am Arbeitsplatz wo immer möglich zu minimieren und Ressourcen zu fördern», also zum Beispiel im Betrieb systematisch nach Stressquellen zu suchen und diese zu eruieren.

Als kämpferische Gewerkschaft glauben wir nicht daran, dass irgendein*e HR-Angestellte*r vom Büro aus die grundsätzlichen Nebenwirkungen der Lohnarbeit aufheben kann. Zudem lehnen wir die Ansicht ab, dass eine unternehmerische «Job-Stress-Analysis» auch nur im Geringsten der momentan steigenden Suizidrate oder den jährlich durchschnittlich ca. 600 tödlichen Arbeitsunfällen in Schweiz entgegenwirken kann. Die einzige Antwort kann nur der organisierte Kampf gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse und gegen die Lohnarbeit selbst sein.

Communiqué der FAU Schweiz (Ortsgruppe Ost)